VIA ALPINA

Woche 5 – Schweiz durchwandert! Jetzt kurze Verschnaufpause für Routenplanung

Nach einer eiskalten Nacht bei Juf kam eine der schönsten Etappen! Es standen drei Pässe auf dem Programm: Forcellina, Septimerpass und der Pass Lunghin. Davor hatten Nadine und ich aber noch etwas Action. Wir mussten durch eine Kuhherde und zwei Kühe kamen auf uns zugerannt! Zuerst wollten wir ganz locker bleiben – die sind ja bestimmt nur neugierig. Eine der Beiden hat sogar einen Freudengump gemacht und sie sahen eigentlich sehr herzig aus. Aber als wir weiterliefen und sie dann begonnen haben uns hinterherzurennen war der Spass vorbei. Wir spurteten ebenfalls los, was zur Folge hatte, dass ich durch den Sumpf rannte und schon zu Beginn des Tages nasse Füsse hatte. Als wir den Zaun sahen und diesen passierten, waren wir sehr erleichtert. Kurz darauf erblickten wir eine Frau, die zu jeder Kuh hin ist und ihr etwas gab. Die Frau sah zwar eher aus wie eine Wanderin, aber sie schien zu wissen was sie tat und wir realisierten, dass uns die Kühe mit ihr verwechselt haben mussten. Wir hatten nämlich keine Leckerei für die Kühe dabei. Deshalb waren sie wohl auch (irrtümlicherweise) so freudig & aufgekratzt auf uns zugekommen. 

Die Strecke von Juf nach Maloja war traumhaft schön. Die würde ich sofort wieder wandern und kann ich euch allen von Herzen empfehlen. Nach dem dritten Pass gab es zum Abschluss einen tiefblauen Bergsee (Lag Lunghin). Als wir in Maloja ankamen gingen wir in ein Restaurant und gönnten uns was Gutes. Für mich gab es einen Fruchtsalat und für Nadine einen normalen Salat. Zum Teilen noch einen Kaiserschmarren. Das Wetter zog zu und wir liefen nach der Stärkung noch bis zum Lagh Cavloc, wo wir unsere Zelte aufschlugen. Es war schon spät und wir kochten Znacht und verschanzten uns schon bald in den Zelten aufgrund der vielen nervigen Mücken. Von unserem Schlafplatz sah ich schon den Murettopass und wusste auch, dass das Wetter morgen schlecht sein würde. Pässe auf über 2500 Metern, Schneefelder und schlechtes Wetter fand ich gar nicht mehr lässig. Deshalb war ich etwas aufgeregt beim Gedanken an den nächsten Tag.

Am Montag standen Nadine und ich um 06.00 Uhr auf und um 06.30 Uhr verabschiedete ich mich bereits von ihr. Nadine lief zurück nach Maloja, um den Heimweg anzutreten. Ich hingegen gab mein Bestes, um möglichst schnell auf den Murettopass zu kommen. Gegen 09.00 Uhr sollten die Regenschauer starten und so wanderte ich eher so im Nordic-Walking Schritt auf die 2600 Metern über Meer. Wenige Minuten vor dem Pass begann es leicht zu tröpfeln. Auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien – was auch der Pass war – zog ich meine Regenbekleidung an. Nur 2-3 Minuten später ergoss sich wortwörtlich der gesamte Himmel über mich. In kürzester Zeit hatte ich daher wieder zwei kleine Swimmingpools in meinen On-Wanderschuhen und da es aufgrund des Windes quer-regnete, war auch meine Pelerine dieses Mal weniger hilfreich. Aber es gab keine andere Möglichkeit dieser Misere zu entkommen, als einfach immer weiter zu laufen, bis nach Chiareggio. So schnell ich konnte, lief ich ins Tal – wieder mit einem Hörbuch in den Ohren. Glücklicherweise erreichte ich das Dorf früher als erwartet. Ich entdeckte ein liebevoll ausgestattetes Restaurant und entschloss mich etwas zu essen und mich zu trocknen. Es gab mal wieder Pizzoccheri und ich trödelte beim Essen so gut es ging. Immer wieder bestellte ich etwas: Eine heisse Schokolade, ein Tee, nochmals ein Tee. Irgendwann konnte und wollte ich auch nichts mehr trinken und doch war es erst 13.00 Uhr. Der Regen sollte noch bis mindestens 15.00 Uhr andauern. Doch ich sah glücklicherweise die Preisliste für ein Zimmer und bei 30.00 Euro für ein Zimmer mit Bad war die Versuchung einfach zu gross. Zum Glück war noch eines frei und so war ich kurze Zeit später unter der warmen Dusche und föhnte schon bald meine Schuhe und meine Kleidung. Dank dem Hotel-Wifi konnte ich nun endlich, nach mehreren erfolglosen Versuchen, den Blogpost der Woche 4 hochladen. Das Abendessen liess ich aus, da ich immer noch recht voll war vom Lunch – aber ein Glace mit Kastanien passte als „Znacht-Ersatz“ schon noch rein. 

Der folgende Tag war wieder extrem schön und so ging es nach dem Frühstück in Richtung Lago Palu. Der Palusee ist auf 1800 Metern und sehr bezaubernd – er hat grosse Ähnlichkeit mit dem Caumasee. An diesem Nachmittag kam ich durch einen ungünstigen Zufall vom Wanderweg ab (zum ersten Mal) und fand den auf der Karte eingezeichneten Weg nicht. Schlussendlich musste ich querfeldein (oder eher querfeldberghang), um wieder auf den anderen eingezeichnet Wanderweg zu kommen, der ein kleiner Umweg war, wenigstens aber existierte. Ich verlor viel Zeit und war froh schlussendlich wieder auf anständigem Untergrund zu laufen. Das Tagesziel wäre eigentlich das Rifugio Zoia gewesen. Da ich so Durst hatte, legte ich dort eine Pause ein. Die Hütte hatte mir besonders gut gefallen und einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken dort zu schlafen. Aber ich musste weiter, denn am nächsten Tag war das Wetter wieder schlechter. Dafür gab es Polenta und Käse sowie ein Wettercheck (um zu prüfen wie lange ich an diesem Tag laufen konnte ohne Regen) mit dem Hüttenwifi. Nach der Stärkung verlief die Via Alpina entlang der beiden Stauseen. Es sind die Stauseen hinter dem gesamten Bernina-Massiv. Somit hatte ich eine Weile Sicht auf die Rückseite des Piz Bernina und Piz Palü. Auf dem Palü war ich schon und den Piz Bernina möchte ich gerne nächsten Sommer in Angriff nehmen. Nach diesem schönen Anblick bog ich nach rechts ab, um über den Cancian Pass zu laufen. Diese Strecke war traumhaft, sodass ich mir diese Route aufgeschrieben habe, um sie irgendwann nochmals zu laufen (und dann aber doch in der schönen Hütte zu übernachten). Der Weg war nicht wirklich streng und so kam ich um 19.00 Uhr auf 2500 Metern an und erblickte einen tollen Bergsee auf dem Pass. Erneut markierte der Pass auch die Grenze zur Schweiz. Ich checkte die Wanderwegschilder und entnahm dort, dass es noch 3.5h bis nach Poschiavo dauerte. Das war noch etwas weit, denn ich war ja am „Vorwandern“. Und auch wenn der Platz auf dem Pass nicht hätte idyllischer sein können, war es in dieser Höhe bei Nacht schon ziemlich kalt. Deshalb entschied ich mich gegen ein Bad im See und den Zeltplatz daneben und lief noch 45 Minuten. Das Gute daran: Ich hatte wieder Schweizer Netz, eine „wärmere“ Nacht und war näher bei Poschiavo. So fand ich oberhalb der Kuhalpen noch einen ruhigen, flachen Platz am Bach. Aufs Kochen verzichtete ich, da ich am späten Nachmittag noch in der Hütte gegessen hatte und somit kuschelte ich mich in den Schlafsack. Es war die zweitkälteste Nacht auf 2200 Metern und zum Glück blieb ich nicht auf 2500 Metern, dann wäre sie vielleicht zu einer schlaflosen geworden.

Der Wecker klingelte um 05.00 Uhr, aber ich war zu müde zum Aufstehen. Um 06.00 Uhr schaffte ich es aus dem „Bett“, packte zusammen und lief den Weg ins Tal nach Poschiavo. Ich beeilte mich, da gegen 10.00 Uhr wieder Regen angesagt worden war und so kam ich irgendwann nach 08.00 Uhr im Tal an. Beim Coop in Poschiavo versorgte ich mich mit Orangensaft, frischen Erdbeeren und Glace. Ich hatte es nämlich geschafft – mein erstes grosses Ziel ist erreicht! Ich habe die Schweiz durchwandert und war sehr stolz darauf. Als ich vor einem Monat loslief zweifelte ich an der gesamten Idee und hoffte einfach, dass ich wenigstens diesen Meilenstein erreichen würde. Da die Schweiz einer der strengen Abschnitte ist und mein Körper extrem gut mitmacht, habe ich nun das Gefühl, dass das gesamte Projekt (sofern nichts unvorhergesehenes wie ein Sturz dazwischen kommt) zu schaffen ist. Mein Körper ist eingelaufen, ich habe viel dazugelernt und viel Erfahrung sammeln können.

Ich nahm in Poschiavo den Bus nach Samedan und dann den Zug nach Reichenau. Dort holte mich meine Mama ab und fuhr mich nach Flims. Denn bevor ich die Schweiz verlasse in Richtung Dolomiten, Slowenien, Trieste – werde ich zwei Pausentage Zuhause einlegen. Nach 12 Tagen ohne Stopp war eine Pause dringend notwendig. Der eigentliche Grund war jedoch die Routenplanung, denn die Originalroute der Via Alpina würde nach Poschiavo in den Norden führen, also nach Liechtenstein und Deutschland. Dieser Bogen ist angesichts der Tatsache meines verspäteten Starts durch Corona wirklich ein riesen Umweg. Die Originalroute der Via Alpina (Monaco nach Trieste) umfasst 162 Etappen und führt durch alle acht Alpenstaaten – da kann man mal ausrechnen wie lange das dauert. Ich entschied mich aus Zeitmangel den Teil Deutschland & Liechtenstein auszulassen und direkt in die Dolomiten zu laufen. Ich würde mir dadurch ca. 20 Tage ersparen und ungefähr in zwei Wochen beim Prager Wildsee ankommen und wieder auf der Via Alpina wandern. Diese Änderung brauchte etwas Zeit um zu planen, um herauszufinden wo ich denn nun am Besten durchlaufen würde. Aktuell sieht der Plan so aus: Poschiavo, Malghera, Stelvio, Meran, Richtung Bruneck und Einstieg in Via Alpina beim Prager Wildsee.

Zuhause wusch ich wieder alles und kümmerte mich intensiv um meine Füsse – auch die Nägel wurden frisch lackiert! Zusätzlich gönnte ich mir eine Massage bei Ina und viel feines Essen. In Chur im Bächli kaufte ich noch neue Wandershirts, da meine schon Löcher (waren aber auch schon alt) hatten. Die Hose zwar auch, aber die werde ich noch behalten. Meine Cloudrock (On-Wanderschuhe) würden leider nur noch maximal 2 Wochen halten. Das Profil ist durchgelaufen und es gibt immer mehr Verschleisserscheinungen. Aber die sind immerhin (bis dann – also in 2 Wochen) ca. über 800km gelaufen. Somit bin ich allgemein sehr zufrieden mit meiner Ausrüstung. 

Am Samstag ging ich mit Christian noch Brunchen im Kaufmanns in Flims und nahm dann den Zug nach Poschiavo. Die nächsten Tage werde ich nicht alleine sein. Meine Mama begleitet mich für fünf Tage und deshalb werde ich die meisten Nächte voraussichtlich in Hütten verbringen. Matte und Schlafsack hat sie aber dabei – für ein Biwak würde es reichen. 

In Poschiavo gabs erneut herrliche Pizzoccheri (muss es noch geniessen, solange es die noch auf der Speisekarte gibt) und Sciatt. Poschiavo ist übrigens wunderschön und definitiv einen Ausflug wert. 

You Might Also Like

3 Comments

  • Reply
    Tilly Schürer
    5. Juli 2020 at 11:00

    Hallo Christina
    Ich habe dein link von deiner mutter bekommen . Ich habe sie in Laos kennengelernt und war erst kürzlich mit ihr auf einen velotour.
    Ich finde es super spannend was du machst, sehr eindrücklich .so bald die Sonne scheint ,hat man den Regen vergessen ,gell !
    Weiterhin viel freude und erfolg .
    Liebe Grüsse. Tilly

    • Reply
      christinara
      30. Juli 2020 at 13:56

      Liebe Tilly

      Danke dir für den netten Kommentar! Ich hoffe ihr hattet eine super coole Velotour – und so viel ich weiss, war die ein voller Erfolg 🙂 Jetzt ist es gerade so heiss, dass ich nichts gegen ein bisschen Regen hätte.. aber Hauptsache kein Gewitter. Ganz liebe Grüsse aus Villach, Christina

  • Reply
    Lischer Erika
    5. Juli 2020 at 20:17

    Hallo Christina
    Ich wünsche Euch Beiden viel Spass😀
    Deine Berichte sind wirklich interessant, freue mich schon auf die nächste Woche😀

Leave a Reply