VIA ALPINA

Woche 10 – Trödeltage & Meer in Sicht!

Nach einem extrem heissen Tag regnete es Sonntagnacht ziemlich stark. Ich schlief aber herrlich in meinem kleinen Zelt auf dem Camping in Trenta. Den Wecker hatte ich auf 06.00 Uhr gestellt, wie fast an jedem Tag auf der Via Alpina. Ich wartete bis der Regen ein bisschen weniger wurde und packte dann das Zelt zusammen. Schon eine halbe Stunde später war ich startklar. Ich lief an der Soca entlang in Richtung Bovec. Somit verliess ich die Originale Via Alpina Route. Der Grund: Es war so schlechtes Wetter gemeldet, dass ich mich nicht wohl fühlte wieder in die Berge zu gehen. Somit war meine Chance den Triglav (höchster Berg in Slowenien) zu besteigen auf Null gesunken. Die neu geplante Route war immer im Tal und deshalb sicherer. Manchmal war die Strecke wunderschön und manchmal trotz des blauen Flusses etwas monoton. Als ich am frühen Morgen gerade meine Route checken wollte und mich deshalb auf mein Iphone konzentrierte, rutschte ich auf einer feuchten Wurzel aus und lag ruckzuck am Boden. Mit dem Rucksack fliegt man noch viel schneller auf die Nase, da man sich schlechter ausbalancieren kann. Schon bald kam ich zu einer bekannten Passage bei der Soca, wo es eine kleine Schlucht gibt und der Fluss eine noch schönere Farbe annimmt. Ich war als eine der Ersten dort und setzte mich hin, um diesen Ort zu geniessen. Aber es war auch die Zeit, wo der Jubel-Trubel anfing und so war es nach nur wenigen Minuten sehr voll. Die Leute sprangen ins Wasser und hatten ihren Spass. Ich überlegte gerade, ob ich es ihnen nachmachen sollte, als es zu donnern anfing und mich daran erinnerte, das für heute noch ein richtiges Gewitter vorausgesagt wurde und ich besser Kilometer gut machte. Kaum lief ich weiter, fing es auch schon an zu tröpfeln und ging schnell in richtigen Regen über. Meine Pelerine verhackte sich beim Anziehen mit dem einen Wanderstock, welchen ich am Rucksack angemacht hatte. Da vor mir gerade zwei weitere Wanderer ihre Regenbekleidung anzogen, fragte ich, ob sie mir kurz helfen könnten. Die beiden hiessen Silvia und Frank und kamen aus der Bodenseeregion. Sie wanderten eine Woche auf dem Alpe Adria Trail (beim Grossglockner in AT bis Trieste IT – ca. 30 Tage) und besonders Frank erzählte mir viel von seinen bereits erlebten Weitwanderungen (Kungsleden, und ein Weg in Rumänien in den Kaparthen), die mich für künftige Abenteuer inspirierten. Wir unterhielten uns die ganze Strecke bis nach Bovec. Es machte den Regen viel erträglicher. Beim Camping verabschiedete ich mich und fragte dort, ob noch ein Pod (so eine kleine Hütte) frei ist. Ich hatte Glück und verbrachte die Nacht im Pod. So musste ich bei dem starken Regen nicht das Zelt aufbauen. Nur leider trockneten meine Sachen auch im Pod nicht.

Am nächsten Tag: Wieder Regen. So konnte ich mich einfach nicht aufraffen, loszulaufen. Ich wartete bis zur letzten Minute des Check-out (um 09.00 Uhr) bevor ich loswanderte. Obwohl die Wetterprognose für den ganzen Tag mies war, hörte es in diesem Moment auf zu regnen und tröpfelte nur noch vereinzelt mal ein paar Minuten. So lief ich meine 29 Kilometer bis nach Kobarid entlang der Soca. Ich gab ordentlich Gas, da ich wusste, es würde schon noch umschlagen. Trocken kam ich in Kobarid an und bezog im Hostel mein Bett. Nur kurze Zeit später war Weltuntergangsstimmung. Obwohl der Weg von der Pizzeria zum Hostel nur 2 Minuten war, wurde ich nach dem Znacht völlig durchnässt. Als ich zurück war, fragte ich Anna an der Rezeption, ob mein Bett die folgende Nacht noch frei wäre. Sie bestätigte und fragte, ob ich verlängern möchte. Doch ich war nicht sicher. Denn einen Pausentag wollte ich nicht wahllos verschwenden, sondern für schlechtes Wetter aufsparen. Die Wetterprognose für den folgenden Tag war zwar absolut miserabel, aber ob sie auch stimmte?! Anna meinte dann noch, die Auslastung des Hostels sei aktuell bei 70% und sofern keine zig Buchungen über Nacht reinkommen, so wäre mein Zimmer bestimmt morgen auch noch frei.

Nach einer sehr erholsamen Nacht im Hostel ass ich gemütlich mein Frühstück während es draussen in aller Unheimlichkeit blitze und donnerte. So verlängerte ich meinen Aufenthalt im
Hostel, weil ich absolut keine Lust hatte, bei einem solchen Horrorwetter zu wandern. Gegen Nachmittag wurde es freundlicher und ich kaufte im Supermarkt ein und trank einen Tee in einem Café von Kobarid. Für am Abend hatte ich mich auf ein Blind-Date verabredet. Das hört sich jetzt bestimmt komisch an. Aber eigentlich ist es eine super coole Geschichte. Als ich vor über zwei Monaten den Blog startete und auch auf Instagram mein Via Alpina Abenteuer ankündete, schrieb mir unteranderem Vanessa, dass ich sie inspiriert hätte den Bernina Trek zu wandern. Der Bernina Trek im Engadin war meine aller erste 7-tägige Solo-Wanderung mit dem Zelt. Es ist eines meiner schönsten Abenteuer und ich empfehle den Trek oft. Deshalb verfolgte ich ihre Wanderung auch auf Instagram und ein paar Wochen später sah ich, dass sie ein Bild postete von ihren Ferien in Slowenien an der Soca. Da bemerkten wir, dass wir zur gleichen Zeit am gleichen Ort waren und so kam es zum Blind-Date in Kobarid. Denn persönlich kannte ich Vanessa noch nicht. Es war ein super cooler Abend und sogar ihr Freund Lukas – der absolut kein Fan ist von Social Media und vor allem Instagram – fand es toll, was aus Internetbekanntschaften entstehen konnte. Zufrieden ging ich schlafen und war dankbar dafür, dass ich den Abend mit so netten Leuten verbringen durfte.

Am nächsten Tag startete ich früh. Denn wegen dem Pausentag hatte ich gleich zwei Etappen auf dem Programm, um nicht in Rückstand zu geraten. Aber dazu muss ich sagen, dass es zwei extrem Kurze waren. Daher ging das wunderbar auf. Ich lief eine ziemlich langweilige Strecke (hauptsächlich auf der Landstrasse) von Kobarid nach Kamno und von dort nach Tolmin. Es regnete immer mal wieder und ich habe mich mehrmals unter einen schützenden Baum oder ein Haus gestellt. In Tolmin angekommen, ass ich etwas zu Mittag und lief weiter zum Camping. Es war doch noch recht warm geworden und ich war ein bisschen unzufrieden mit dem Wandertag auf Asphalt. Somit suchte ich einen Zeltplatz und quetschte mich zwischen zwei Autos. Ich fragte die eine Frau, ob das okay für sie ist und sie sagte ja klar, aber sie hätte einen Hund. Für mich kein Problem, eher ein Gewinn! Bernadet aus Holland und ihr Hund Nova (deutscher wunderschöner Schäferhund) waren an diesem Abend ein richtiger Glücksfall für mich. Wir kamen ins Gespräch und sie fragte mich wie das Wandern in Slowenien ist und ich sagte ohne zu überlegen einfach nur: Langweilig. Dafür musste ich mich natürlich erklären, aber schlussendlich stimmte sie mir zu und sagte, auch sie ist bis jetzt noch nicht begeistert von Slowenien. Aber es liegt auch immer sehr stark am Wetter, ob man einen Ort toll findet oder nicht. Bernadet hat erst letzten Herbst alle ihre Zelte in Holland abgebrochen und ist für ihren Traumjob nach Spanien gezogen. Aufgrund von Corona wurde ihr gekündigt und deshalb entschied sie sich mit Nova eine Reise zu machen, die sie wegen ihrer früheren Beziehung nie gemacht hatte. Sie strahlte grosse Zufriedenheit und Ruhe aus. Wir redeten den ganzen Abend und verstanden uns so, als hätten wir uns nicht an diesem Tag das erste Mal gesehen. Sie bloggte auch und ihr Ziel war es Wanderungen mit ihrem Hund zu testen, um darüber zu berichten. Denn es gäbe bis jetzt nicht wirklich Wanderführer oder allgemein Infos, ob beispielsweise der Bernina Trek mit Hund machbar ist. Die Idee fand ich super cool und ich bin gespannt, ob es irgendwann ein Buch von Bernadet und Nova gibt, mit allen Hundetrails in den Alpen. Ich wüsste jedenfalls schon, wem ich es schenken würde! Vor dem Schlafengehen ging ich noch zum Fluss und kühlte mich ab. Danach ging ich glücklich ins Bett. Der Verlauf diese Tages zeigte mir, dass sich meine Zufriedenheit und das Glücklichsein nicht nur auf den Wanderweg beschränken durften. Ich musste die Augen weiter öffnen und auch neue Bekanntschaften mehr schätzen und ihnen Platz geben.

Am Donnerstag trödelte ich wieder rum. Ich hatte die Route erneut umorganisiert und orientierte mich nun an Ortschaften mit Campings. Mit Wildzelten in Slowenien hatte ich abgeschlossen. Warum ich mich so unwohl fühlte, ist mir ein Rätsel. Vielleicht einfach, weil man genau weiss, das man etwas Verbotenes macht. Ich lief somit verspätet dem Fluss entlang der mittlerweile sicher 20 Meter breit war und kam in ein Dorf, wo ich mir eine Stärkung gönnte. Ich sah eine andere Weitwandererin mit grossem Rucksack – wahrscheinlich war sie auf dem Juliana Trail (Rundweg in Slowenien). Normalerweise versuchte ich fast mit allen offensichtlichen Weitwanderern ins Gespräch zu kommen, es gab ja sowieso sehr wenige. Aber sie senkte immer den Blick und ging fix weiter, wenn ich ihr zu nahe kam. Wir waren dann sogar im gleichen Café, aber ich liess sie in Ruhe. Jedenfalls als sie weiterging, humpelte sie schmerzhaft davon. Das tat mir leid und ich konnte nicht anders, als mich an meine erste längere Wanderung zu erinnern, wo ich am letzten Tag neun schreckliche Blasen hatte und in Wandersandeln im Urgrosseltern-Tempo bis nach Poschiavo lief. Mit der Zeit lernt man viel dazu und kann solche schmerzhaften Erlebnisse fast immer umgehen.

Nach meiner Pause im Café raffte ich mich endlich auf um weiterzugehen. Die Hitze war zurück! Die gesamte nächste Woche sollte es bis zu 33 Grad warm werden und schon um 10.00 Uhr die 30 Grad Marke knacken. Doch mein Weg führte über eine einsame Strasse den Berg hoch und die Bäume spendeten viel Schatten. Es war eigentlich ganz angenehm. Auf der Karte hatte ich an meinem Ziel Lokve sogar ein kleines Hotel entdeckt – obwohl mir Google nichts anzeigte. Und auch die Route war viel schöner als erwartet. Immer wieder kamen Bauernhöfe und Mini-Dörfer. Ab und zu hielt auch ein Autofahrer an, um mich mitzunehmen (natürlich habe ich dankend abgelehnt) oder manchmal auch, um mit mir zu reden. Das mit dem Reden ist nicht ganz so einfach. Ich werde auf slowenisch angesprochen und frage dann, ob die Person englisch, italienisch, französisch oder deutsch spricht. Meistens kommt man mit englisch durch, aber wenn die Leute kein englisch können sind sie total geschockt über meinen Sprachwechsel und wollen nur schnell weg und nicht mehr mit mir reden. Dabei klappt die Verständigung oft auch gut mit Händen und Füssen. So nämlich auch, als ich auf Strassenschildern erkennen konnte, dass die Strasse nach Lokve gesperrt war. Ich lief trotzdem diesen Weg hoch und hoffte, dass ich als Fussgängerin durchkam. Als mir ein Auto entgegen kam, hielt ich den Fahrer an um herauszufinden, ob die Strasse wanderbar ist. Zumindest verstand ich soviel slowenisch, dass klar war, dass ich weiterwandern konnte. In Lokve angekommen fragte ich nach einem Zimmer und genoss danach hausgemachte Tagliatelle bei Sonnenuntergang auf der Terrasse. In letzter Zeit ass ich recht wenig wenn ich selber kochte, deshalb schlug ich in Restaurants umso mehr zu. Und so gönnte ich mir auch noch einen Cheesecake.

Die Nacht war laut. Die Hotelgäste neben meinem Zimmer waren stockbesoffen und um 01.00 Uhr machten sie so grossen Lärm, dass ich trotz Wachsohrenstöpsel aufwachte. Ich wartete ab und als nach über 30 Minuten keine Besserung in Sicht war, stand ich auf und öffnete meine Hoteltüre. Dort waren zwei der fünf Männer, die versuchten ins Zimmer zu kommen. Die anderen schliefen so tief und fest, dass sie ihr Gepoltere nicht hörten, um sie hereinzulassen. Dabei war es nicht nur Gepoltere, sondern auch lautes Gejohle und Lachen. Ich bat sie leiser zu sein und zu meinem Glück waren sie kurze Zeit später erfolgreich und es kehrte Ruhe ein.

Am Morgen fragte mich der Hotelbetreiber, ob ich gut geschlafen hätte und ich erzählte ihm mein Treffen mit den Besoffenen. Genau dann kamen sie auch zum Frühstück und sie schämten und entschuldigten sich. Ich fand die Situation recht lustig und war auch nicht genervt. Das Frühstück in Lokve mit frischem und warmem Brot war dermassen gut! Als ich loswanderte hielt schon bald wieder ein Auto an. Die zwei Forstarbeitenden fragten mich, wo ich hinwollte und ich sagte nach Trieste. Dann erklärten sie mir, dass ich aber anders laufen müsse, dann wäre ich viel schneller am Ziel! Schon zum dritten Mal wurde mir erklärt, dass es irgendwo noch eine schneller Route gibt. Aber ich wollte unbedingt noch einmal zurück auf die Via Alpina Route! Da war mir auch kein Umweg zu Schade. Nur leider verlief ich mich in diesem Tag im Wald und machte noch eine zusätzliche Stunde. Die Wanderung war jedoch super schön und ich sah keinen einzigen anderen Wanderer! Die Bäume raschelten ständig und es fühlte sich schon ein bisschen an wie am Meer, wenn die Palmen im Wind wankten. Nach einem Aufstieg auf meinen letzten „Berg“ (1300 Meter über Meer) erfasste mich plötzlich einen Adrenalinschub, als etwas bellendes auf mich zugerannt kam! Ich suchte mein Blickfeld nach einem Hundebesitzer ab, aber sah niemanden. Oh Gott, ein aufgeregter bellender Streuner – wie soll ich mich schützen?! Doch das Bellen hörte sich irgendwie merkwürdig an und auch die Statur kam mir komisch vor. Erleichtert erkannte ich, dass es ein Reh war! Phu, das war besser als ein Hund. Nach dem Hügel lichtete sich kurz der Wald und auf einmal hatte ich zum ersten Mal freie Sicht auf das Meer. Das hört sich jetzt mega klischeemässig an, aber nach 1500 Kilometer das Meer zu sehen ist echt überwältigend! Ich hatte sogar eine (nur eine) Träne im linken Auge! Auch wenn meine Tour ja nicht in Trieste enden würde, war es doch ein riesiger Meilenstein. Da bin ich doch tatsächlich bis ans Meer gelaufen. Also noch nicht, aber bald!

Nach der Meersicht kam ich zu einer Koca (Hütte). Die Hütten in Slowenien sind leider oft nur an den Wochenenden geöffnet. Deshalb gab es in meiner Pause Darvida und Riegel bevor ein Abstieg von 1000 Höhenmetern folgte. Ich kam nur langsam vorwärts – als hätte ich steile Auf- und Abstiege verlernt. Im Dorf angekommen wanderte ich noch bis zum Camping, der sich als richtiges Campingjuwel entpuppte. Man zeltet quasi im Garten einer Familie und die Gastgeberin brachte mir ein feines Glace und eine Flasche selbstgemachten Zitronenmelissensirup – einfach so. Ein grandioser Empfang nach so einem heissen Tag. Es kamen noch zwei Frauen mit einem Hund, der aus dem Tierheim stammte und früher ein Strassenhund in Slowenien war. Er akzeptierte meine Anwesenheit nicht und auch wenn seine Besitzerin ihm erlaubte mich kennenzulernen – dann schmuste er ganz kurz – wurde aber nachher wieder sehr beschützerisch und aggressiv. Ich hatte ziemliche Angst und dachte schon, uii einen Hundebiss wäre jetzt nicht gerade nötig. Denn er fletschte derart die Zähne und wollte immer auf mich los, sodass die Frau ihn so fest halten musste, dass sie ihn später im Auto einschloss. Ich war ehrlich gesagt recht erleichtert, auch wenn er mir leid tat. Bevor ich den Reissverschluss meines Zelts zumachte, sog ich noch einmal die Schönheit des Sternenhimmels auf. Im den letzten Tagen war es einfach magisch, abends die vielen Sterne sehen zu können. Und dass obwohl ich ja umgeben war von grösseren und kleineren Städten.

Auch am nächsten Tag hatte ich noch immer Angst vor dem Hund. Ich musste nämlich am Auto vorbei laufen, um zum Waschraum zu kommen und als die Türe des Autos offen war, dachte ich nur, hoffentlich springt der jetzt nicht raus und packt mich doch noch. Aber alles gut, ich kam heil weg vom Camping und lief zur nächsten Stadt, wo ich mir ein Frühstück erhoffte, aber in den Cafés gab es eben nur Kaffee. Deshalb gabs ein Supermarkt-Frühstück mit Reiswaffeln und Yogurt. Der weitere Teil der Route folgte einem Fluss. Ich war dankbar, dass es viele Bäume hatte die mir immer mal wieder Schatten boten. Nach 2.5 Stunden sah ich eine Bank unter einem Baum und döste dort ein bisschen vor mich hin. Mindestens eine Stunde verstrich und ich ging noch kurz ins Wasser, auch wenn der Einstieg übers Gestrüpp recht mühsam war. Der zweite Teil der Wanderung folgte in ein Dorf, wo ich etwas trank und mal wieder Wifi hatte. Gegen 15.00 Uhr überwindete ich mich den letzten Teil zu wandern – denn es ging berghoch. Eigentlich war es eine Mini-Etappe, aber bei Mordshitze wird auch diese zur super anstrengenden Tour. Am Camping angekommen duschte ich und chillte eine Runde im Bikini und ass Erdnussflips, die ich mir extra noch gekauft hatte. Ich sparte einen Teil auf und schrieb dann den Text der Woche 10. Obwohl ich die Flips dreimal eingewickelt hatte, war im Chipspack beim erneuten Öffnen alles schwarz von klitzekleinen Ameisen. Mist, meine wertvollen Chips konnte ich nun also ganz den Ameisen überlassen. Da war man nur einmal zu faul, sein Essen wie sonst immer schön im Zelt zu lagern und schon wird man bestraft. Zum Znacht gab es Instant-Nudeln und einen kitschigen Sonnenuntergang. In der Nacht – also gegen 23.00 Uhr hatten zwei Teenager Girls das Bedürfnis auf dem Camping rumzulaufen und in einer riesen Lautstärke zu telefonieren. Die eine rechts von meinem Zelt und die andere links. Dass wir anderen alle im Zelt „schliefen“, mit hauchdünnen Nylon-Wänden, schien sie gar nicht zu interessieren. Es nervte mich, dass man hier wirklich nie nach 22.00 Uhr seine Ruhe hat – obwohl es so immer auf allen Camping-Regeln steht. Aber ja, mein Wecker war wegen der Hitze auch für 04.45 Uhr getimed. Somit ist meine Ungeduld wohl irgendwie verständlich und doch regte ich mich fürchterlich auf, dass ich mich so aufregte.

Nun sind es noch drei Wandertage bis Muggia in Trieste!

Slowenien Fazit:
Slowenien war bis jetzt ziemlich extrem, was das Wetter anbelangte. Entweder unendliche Hitze oder heftige Gewitter. Obwohl ich mich sehr auf dieses Land freute, musste ich wetterbedingt die Gegend um den Triglav auslassen und somit auf ein Highlight verzichten. Ich schätze deshalb bin ich nicht ganz so begeistert von diesem Land. Weil ich mir einfach mehr erhofft hatte. Denn durch den Wald zu laufen ist selten spannend. Und doch, einen Fluss so schön wie die Soca, habe ich noch nie gesehen. Ich denke es ist nicht das erste und letzte Mal, dass ich dieses Land besucht habe. Es hat definitiv eine zweite Chance verdient und dann bitte mit angenehmerem Wetter! 🙂

Pausentag -Dilemma:
Es gibt da ein Thema, an welchem ich versuche zu arbeiten. So quasi eine Selbst-Optimierung um die Via Alpina noch mehr geniessen zu können. Ich schaffe es leider noch immer nicht, zu 100% das zu machen, was sich gerade richtig anfühlt. Ich bin manchmal ein bisschen gestresst von meinem Zeitplan, vom ständigen Weiterkommen wollen, vom das Beste aus der Situation rauszuholen. Einfach mal zu chillen und es so kommen zu lassen wie es halt kommt, fällt mir schwer. Wenn ich in einer Schlechtwetterwoche zwei Mal eine Unterkunft buche, dann fühle ich mich schon wie ein Schwächling – anstatt es einfach zu geniessen. Als ich diese Zeilen schreibe, liege ich in meinem gemütlichen und riesigen Hostelbett, höre dem Regen zu und das Donnergrollen und die Blitze besänftigen mich irgendwie. Denn ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Aber was wäre, wenn doch noch blauer Himmel aufgezogen wäre? Dann hätte ich den heutigen Tag als eine verschwendete Pause angesehen. Und genau das ist der Punkt: So oft sage ich mir, dass ich niemandem was beweisen muss. Ich habe für die Via Alpina Wanderung gespart, ich habe es glücklicherweise nicht nötig, mir jeweils die günstigsten Angebote rauszusuchen, oder trotz Hunger und Lust auf ein feines Essen im Restaurant zu verzichten. Jedenfalls versuche ich seit zwei Monaten mehr im „Jetzt“ zu leben. Das gelingt mir eigentlich super. Ich freue mich zwar auf die Zukunft Zuhause, aber gleichzeitig bin ich auch so beschäftigt mit den täglichen Gedanken des Weitwanderns. Wie lange reicht mein Proviant, wie viel Wasser soll ich heute auffüllen, wo kommt eine Wasserquelle, ich hätte so gerne mal wieder einen Eistee, wie viele Höhenmeter ist der heutige Aufstieg, wie lange dauert das wohl, bin ich heute fit, wo soll ich eine Pause machen, wie wird der Weg sein und wo werde ich heute schlafen. Mein Gehirn ist hier (auch wenn etwas übertrieben ausgedrückt) auf Überlebensmodus eingestellt. Essen, schlafen und in Sicherheit sein. Ich wünsche mir, dass ich mich noch mehr entspannen kann und das Ganze lockerer sehe. Ich kann mit meinen verfügbaren Mitteln genau das machen, was ich will. Und wenn ich Lust auf Pizza habe, obwohl ich noch 4 Nudlesuppen mitschleppe, dann gibts halt Pizza und dann geniesse ich diese (wenn verfügbar!) auch. Oder wenn ich nach einer strengen Woche mit extrem vielen Kilometer und Hitze ein Hotel mit Pool sehe, dann frage ich, ob ein Zimmer frei ist. Wieso nicht. Das mache ich zwar schon recht gut, aber der Teil mit dem geniessen könnte noch besser sein. Das zur Ruhe kommen. Wie cool ist es, absolut keine Verpflichtungen zu haben! Und die Wanderung alleine ist ja schon genug anstrengend…

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