HIKING SCHWEIZ

Stoneman Glaciara 3-Tageswanderung im Wallis

Gletscheraussichten, Grat-Kraxeln, in Bergseen baden und Hängebrücken überqueren

Der «Stoneman Glaciara» Hike ist Rundtour im Oberwallis. Eine Weitwanderung, die man optimal nach seinen Bedürfnissen anpassen kann. Die ca. 65 Kilometer lange Tour wurde 2022 ins Leben gerufen. Da es eine Rundtour ist, kann man die Etappen wie gewünscht zusammenstellen. Für Wanderer:innen empfiehlt sich die Tour auf drei bis vier Tage zu verteilen (je nach Wunsch nach Gemütlichkeit), für Biker reichen zwei Tage und sehr fitte Trailrunner schaffen die gesamte Route sogar in einem Tag. Im Oktober 2023 durfte ich die Route erkunden und erzähle euch von meinen Highlights:

Die Fakten:

  • YouTube Video für Einblick in gesamte Wanderung: folgt
Aspi-Titter Hängebrücke auf der Etappe 3 – Burghütte nach Reckingen

Die Aletsch Arena & das Goms auf dem «Stoneman Glaciara» erkunden

 3 Tage voller Alpen-Highlights

Dass das Wallis ein absolutes Wanderparadies ist wissen wohl alle, die diesen Beitrag lesen werden. Als Bündnerin bin ich immer ein bisschen eifersüchtig auf die Höhe der Walliser Berge und die vielen Gletscher. Umso schöner ist es, mal aus Graubünden rauszukommen und andere Berge kennenlernen zu dürfen. Es folgt eine Etappenbeschreibung des «Stoneman Glaciara», den ich allen empfehlen würde die:

  • Den grössten Gletscher Europeas sehen möchten: den Aletschgletscher
  • Gerne Hängebrücken überqueren
  • Erste Weitwandererfahrungen sammeln möchten (Achtung: Weitwandererfahrung, nicht Wandererfahrung)
  • Die Annehmlichkeiten der Zivilisation beim Wandern schätzen (z.B. Hotel)
  • Die abwechslungsreiche und wunderschöne Alpenwelt lieben
  • Gratwanderungen mögen (kann man jedoch auch umgehen)

Tag 1: Von Reckingen zur Bettmeralp – Eine lange und strenge erste Etappe zum Start

Höhenmeter: +1540 & -910

Kilometer: 30.2

Etappe 1 auf Komoot: https://www.komoot.com/tour/1344285382?ref=wtd&share_token=aXfPRst8AY8VolkC1TzXOTRArgE7gZDRfj86Uf1VcISj9yHMoT

Unsere Wanderung beginnt in Reckingen, einem herzigen Dorf im Obergoms des Wallis. Im Winter ist der Ort besonders beliebt bei allen Langläufer:innen. Gian und ich starten etwas verspätet, weil wir auf die Sonne warten. Denn beim Dokumentieren der Wanderung sind auf gute Lichtverhältnisse angewiesen. Nach den ersten Aufnahmen geht es auf der linken Talseite in Richtung Niederwald. Circa zwei Stunden wandern wir im Wald auf sehr angenehmen, erdigen und abwechslungsreichen Wegen. Gian und ich haben uns mehrere Wochen nicht gesehen, so nutzen wir diese Zeit für ein intensives Life-Update. Der Weg führt uns durch das kleine Dorf Niederwald (sogar mitten durch die schönen, alten Häuser) und weiter in Richtung Bellwald. Wir steigen wenige Höhenmeter ab und kommen nach Fürgangen, wo eine 2015 erbaute Hängebrücke uns ins charmante Bergdorf Ernen führt. Der Dorfkern von Ernen ist wie aus einem Bilderbuch. Überrascht von der Gegensätzlichkeit entdecken Gian und ich ein Plakat eines Co-Working Space. Sofort schmieden wir Pläne für eine Co-Working Woche in Ernen. Denn dann könnten wir im Sommer 2024 die Arbeit mit Gleitschirm fliegen in Fiesch kombinieren. 😊

Von Ernen wandern wir weiter nach Fiesch. Es ist ziemlich heiss und trocken für Oktober. Es ist nun bereits 14.30 Uhr und wir machen in einem Café die erste kleine Pause. Als wir weitergehen und aufsteigen, verlassen mich meine Kräfte. Nun stehen noch einen ca. 1000 Höhenmeter Anstieg auf dem Programm bis zur Bettmeralp und die Zeit drängt, im Herbst wird es schneller dunkel und wir möchten die Bettmeralp noch bei schönem Sonnenuntergangslicht einfangen. Doch unterwegs Filmen und Fotografieren kostet jeweils viel Zeit. Dazu plagen mich Bauchschmerzen und Krämpfe – ich habe absolut keine Energie mehr in meinem Körper. Dabei war ich am Morgen noch höchstmotiviert gestartet. Dieses aus dem Nichts auftauchende Problem kennen die meisten Frauen, leider.  Doch am Schluss komme ich trotz allem doch noch in den Wanderflow und kann den schmerzenden Körper relativ gut ausblenden. Gerade rechtzeitig zum Znacht erreichen wir das Hotel Alpfrieden auf der Bettmeralp. Die Bettmeralp ist übrigens nur mit der Luftseilbahn, per Bike oder eben zu Fuss zugänglich und autofrei, da sie auf knapp 2000 Metern über Meer liegt. Im Winter ist die Bettmeralp quasi mitten im Skigebiet. Das stelle ich mir ziemlich toll vor. Beim Abendessen gibt es fünf Gänge. Gian und ich schaffen das Menü trotz der vielen verbrauchten Kalorien nicht und bestellen jeweils einen Gang ab.

Hotel Alpfrieden: https://www.alpfrieden.ch/de/

Bettmeralp bei Sonnenuntergang im Oktober 2023
Wunderschöner Abend auf der Bettmeralp mit Blick auf die umliegenden 4000er (Matterhorn in Bildmitte)
Abendstimmung auf 2000 Metern über Meer

Tag 2: Von der Bettmeralp zur Burghütte – Die Highlight-Etappe!

Höhenmeter: +1,090 m & -1,280 m

Kilometer 15.8

Etappe 2 auf Komoot: https://www.komoot.com/tour/1345394327?ref=wtd&share_token=agzQfdBp7aI4mTUfLD7kU6EoBAbw8jVZdpq3BzZIkaWNviLl10

Nach dem Frühstück im Hotel Alpfrieden auf der Bettmeralp starten Gian und ich noch vor 08.00 Uhr den Wandertag. Die Sonne kommt gerade hinter dem Hügel hervor und lässt das gesamte Bergdorf erstrahlen. Nach wenigen Wander-Minuten erreichen wir den Bettmersee. Der See spiegelt die Felsen rundherum und sieht wunderschön aus. Etwas später steigen wir weiter auf bis zur Ebene Moosfluh, die zur Riederalp gehört. Von hier kann man bereits den Aletschgletscher bestaunen. Die ersten Wanderer:innen kommen mit der Bahn oben an, als Gian und ich unsere erste Pause des Tages einlegen und am Gondel-Kiosk etwas zur Stärkung kaufen. Doch viel Zeit verlieren dürfen wir nicht, auch heute haben wir viel vor. Wir wandern in Richtung Bettmerhorn. Der Kontrast des weissen, mächtigen Aletschgletschers und der herbstlichen Wiesen & Sträucher in goldenen und rostroten Tönen sind wunderbare Fotosujets. Der Aletschgletscher ist der flächenmässig grösste und längste Gletscher der Alpen. Der Anblick dieses eindrücklichen Eisstroms ist für uns sehr faszinierend, denn so etwas sehen wir Bündner Bergler auch nicht alle Tage.

Nach einen weiteren Wanderstunde und ein paar Höhenmeter Aufstieg erreichen wir die Bergstation Bettmerhorn. Ab hier folgt nun endlich der blau/weisse Abschnitt des «Stoneman Glaciara». Ein alpiner Wanderweg bis zum Bettmerhorn, welchen wir mühelos nach ca. 15 Minuten erreichen und eine Pause neben dem Gipfelkreuz einlegen. Denn diese Aussicht muss man einfach geniessen. Bergseen, Gletscher, schneeweise Bergspitzen und viele hübsche Bergdörfer. Nun folgt der ungefähr 2-3 stündige Bettmergrat. Auch dieser bleibt ein blau/weisser Alpin-Wanderweg. Jedoch ist der Grat sehr breit und ich habe keine heikle Stelle entdeckt. Es sind viele grössere Felsbrocken, bei welchen man sich beim Gehen etwas konzentrieren muss, um nicht zu stolpern oder umzuknicken, aber ansonsten ist es eine richtige Genusswanderung mit grandioser Aussicht. Falls der Grat aber zu anspruchsvoll wäre, gibt es mehrere Umgehungsmöglichkeiten. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Bergstation der Eggishorn, wo wir bei der kleinen Berghütte eine Walliser Käseschnitte essen. Danach steigen wir ab und halten uns links. Wir wollen nämlich nicht zur Fiescheralp, sondern noch weiter bis zur Burghütte. Doch davor freuen wir uns bereits auf den bekannten und tiefblauen Märjelensee. Ein wahres Highlight, und wir nutzen die Gelegenheit für einen erfrischenden Sprung ins kalte Wasser. Schliesslich ist man so auch gleich frisch geduscht. Der Weg führt uns nun weiter zur Burghütte über einen Abstieg. Bei einem Ausblickpunkt nach dem Hauptteil des Abstieges erkennt man gerade noch den Fieschergletscher, der leider auch immer kleiner wird und wegschmelzen zu droht. Das Eis ist fast nicht mehr sichtbar, so weit hat es sich schon zurückgezogen. Dafür folgt nun ein spannender Wanderabschnitt – denn die Felsen der Burghütte sind fast alle rundlich und so haben die Walliser interessante Wege in, um und über diese aussergewöhnlichen Felsformationen gebaut. Es ist ein schöner und abwechslungsreicher Abschnitt, ehe wir die kleine aber herzliche Burghütte erreichen. Zum Abendessen gibt es ein leckeres Curry mit Reis und ein Schoggimousse.  Der Sonnenuntergang lässt auch keine Wünsche offen und so fallen wir auch am zweiten Tag müde ins Hüttenbett.

Der Bettmersee direkt oberhalb der Bettmeralp am frühen Morgen.
Moosfluh: Erstmals die grandiose Aussicht auf den mächtigen Aletschgletscher

Weiter geht es aus Bettmerhorn, dem Bettmergrat und zum Eggishorn

Fast drei Stunden lang 360 Grad Aussichten auf dem Bettmergrat

Die Burghütte im Fieschertal

Tag 3: Von der Burghütte zurück nach Reckingen – Gemütlicher Abschluss auf dem Gommer Höhenweg

Höhenmeter: +400 m & -820 m

Kilometer: 16.6

Etappe 3 auf Komoot: https://www.komoot.com/tour/1346496913?ref=wtd&share_token=aCjq89zcL7vakLfvMGjRSgfrVVRJW5B4bCdKnPCQx2OqIXpMQS

Die dritte und letzte Etappe unseres «Stoneman Glaciara»-Hike beginnt bei der Burghütte und führt uns über die beeindruckende Aspi-Titter Hängebrücke nach Bellwald. Anscheinend konnte die Brücke sehr schnell realisiert werden, da die Finanzierung über ein Crowd-Funding umgesetzt wurde. Und zwar konnte man einen «Tritt» (also eine Holzleiste) der Brücke kaufen. So stehen nun ganz viele Namen auf jedem Brücken-Tritt. Nach ungefähr 1.5 Stunden erreichen wir das Bergdorf Bellwald. Hier entdecken wir einige typische Walliser Berghäuser, welche auf «Mäusetellern» stehen. Man kann sich das so vorstellen: Ein Haus auf Stelzen, doch um die Mäuse fernzuhalten, sind die Stelzen von runden Steinplatten (Tellern) unterbrochen. Nach Bellwald steigen wir am Dorfende in den Gommer Höhenweg ein. Der Höhenweg ist gemütlich und wir geniessen das fast höhenmeterlose gehen. Bei Blitzingen / Biel verlassen wir den Gommer Höhenweg und wechseln die Talseite. Der letzte Teil führt an der Rotten (Fluss) entlang, bis wir unseren Zielort Reckingen erreichen. Im Hotel Glocke steht unser Auto. Hier lassen wir es uns gut gehen, setzen und einen Sonnenstuhl, essen einen feinen Crêpe und Quiche und blicken zurück auf die letzten drei Tage Berg-Abenteuer voller Naturgenuss.

Burghütte: https://burghuette.ch/

Aspi-Titter Hängebrücke

Kleiner Tipp: Nach drei Wandertagen finde ich hat man eine Belohnung verdient. Das Hotel Glocke in Reckingen bietet ein super Preis-Leistungsverhältnis. Wer Zeit hat, soll unbedingt eine Abschlussnacht im Hotel buchen. Es gibt einen Spa-Bereich, wunderschöne Zimmer und extrem feines Essen. Und eine Massage kann man auch noch buchen für müde Wander-Muskeln. Hotel Glocke: https://glocke.ch/


Fazit: Diese kurze Weitwanderung ist ein guter Saison-Start, Sommerabschluss oder ein idealer Einstieg, für alle die erstmals drei Tage am Stück wandern möchten. Sie bietet fantastische Highlights – für mich war die zweite Etappe über den Bettmergrat mit ständigem Blick auf den Aletschgletscher sowie der Märjelensee die Krönung des «Stoneman Glaciara». Aber auch die Lage und Umgebung der Burghütte fasziniert mich und natürlich ist auch eine lange Hängebrücke immer etwas Besonderes.

PS: Auf den Spuren der roten Via Alpina: Von der Höhe Moosfluh bis Reckingen wandert man auf der roten Via Alpina.


Exkurs: Im 2022 testeten Gian und ich unsere erste Weitwanderung. Er filmte & fotografierte, ich schrieb & dokumentierte. Im Frühling 2023 wurde ich von der Sonntagszeitung interviewt. Und diese Frage führte uns schlussendlich im Herbst 2023 ins Wallis in die Aletsch Arena.

Sind Ihre Brüder, die Freestyle-Skifahrer Andri und Gian, auch so begeistert vom Wandern wie Sie?

Die Ruhe, die ich aus dem Wandern ziehe, gibt ihnen nicht so viel wie mir. Für sie muss immer etwas passieren, wie auf dem Spielplatz. Vor allem bei Andri. Er würde nur mitkommen als Training, wenn es möglichst anstrengend ist. Ich achte mehr darauf: Ist es eine schöne Route? Wie ist die Aussicht? Gian kam im vergangenen Sommer allerdings auf den Geschmack. Ich erhielt von Flims Tourismus den Auftrag, die Sechs-Tage-Weitwanderung Segnes Trek von Reichenau nach Flims zu testen. Er begleitete mich, schoss Fotos und filmte mit der Drohne. Kürzlich fragte er mich: «Welche Wanderung testen wir als nächstes?»

Und genau deshalb entstand schlussendlich der Kontakt ins Wallis. Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Aletscharena wurde der Oktober 2023 als Projektumsetzung definiert. Gian und ich freuten uns riesig, die 3-Tages Weitwanderung im Wallis testen zu dürfen. Was für ein Privileg, solche Projekte auch ein bisschen als Arbeit zählen zu dürfen.

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