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Hüttenknigge: How to not be a “Hütten-Lappi”

Eine Wegleitung wie man sich auf Berghütten richtig verhält – oder ein als informativer Blogpost getarnter „Rant“, über alles was mich in den Hütten aufregt (und ich es sehr liebe, bizli Polizistin zu spielen 😉)

Schon viele Berghütten habe ich besucht. Die meisten davon vom Schweizer Alpenclub, einige aber auch im Ausland z.B. in Frankreich oder Italien auf der Via Alpina. Ich liebe Berghütten und deshalb nahm ich mir vor im Sommer 2023 endlich mal auf einer zu arbeiten. Eine Woche verbrachte ich auf der Martinsmadhütte direkt hinter Flims, im Kanton Glarus. Auf meiner Lieblingshütte kam ich auf die Idee, meinen Blog und die Reichweite zu nutzen, um euch ein paar Tipps für das Verhalten auf Berghütten mit auf den (Wander)Weg zu geben. Das erleichtert die Arbeit von den Menschen die auf den Hütten arbeiten und man fällt nicht negativ auf. Denn während meiner Zeit auf der Hütte, merkte ich, wie einfach erkennbar Berghütten-Neulinge sind. Und wer will schon als „Beginner“ auffallen. 😉

Auf der Webseite des Schweizer Alpenclubs gibt es bereits eine Seite mit Verhaltensregeln in Hütten. Mein Beitrag ist jedoch etwas umfangreicher. Mit vielen Tipps und ungeschriebenen Regeln, die auf der Webseite des SAC nicht aufgeführt werden. Diesen Beitrag schreibe ich aus der Sicht als Gästin, als Helferin und als Vorstandsmitglied im SAC (Kommunikation SAC Sektion Terri in GR).

Wenn man beim Abwasch den Steinböcken beim Klettern zuschauen kann – was will man mehr…

THE BASICS:

  • Reservierung: Meist per Mail oder telefonisch. Am Wochenende sind viele Hütten ausgebucht, daher früh Verfügbarkeiten abklären. Bei einer Absage frühzeitig Bescheid geben. Wichtig fürs Abendessen: Direkt anmelden, ob ihr Vegi seid oder Unverträglichkeiten habt.
  • Ankunft: Spätestens 15 Minuten vor dem Abendessen (meist 18.30 Uhr gibt’s Znacht) sollte man in der Hütte sein. Zuerst meldet man sich bei der Hüttenrezeption an. Dann werden meist die Zimmer / der Schlafplatz zugeteilt, wo man den Rucksack deponiert. Dabei sollte man  beachten, dass man nur einen kleinen Platz beansprucht und sein Zeug nicht überall verteilt. Und bitte auch nicht die Unterwäsche und Socken im gesamten Zimmer aufhängen.
  • Getränke: Auf den Hütten sind Getränke meist exklusiv zum Abendessen. Heisst unbedingt einrechnen, falls man beim Abendessen noch etwas trinken möchte (mehr Geld ausgibt). Die Getränkeflasche kann man gewöhnlich am Morgen mit Marschtee auffüllen (normalerweise kostenlos). Hin und wieder gibt’s auch Hütten mit einem Brunnen, wo man die Flasche mit frischem Wasser füllen kann. Generell gilt aber: Wasser ist auf Hütten knapp – sparsam damit umgehen.
  • Schlafen: Einen Hüttenschlafsack mitzubringen ist Pflicht. Ich empfehle einen Seidenschlafsack. Die Bettwäsche (wenn es nicht nur Wolldecken gibt) in Hütten wir oft erst Ende Saison gewaschen. Ich lege jeweils noch mein Jäckli übers Kissen. Manchmal gibt es Leute die normale Schlafsäcke (z.B. Daunenschlafsack) mitbringen. Dies ist seit Covid teilweise nicht mehr erlaubt. Es gab sogar Hütten, in welchen jeder Hüttenschlafsack zuerst noch in die Mikrowelle musste, um Bakterien zu eliminieren. Ein Seidenschlafsack ist übrigens auch super für wenn ihr mit dem Zelten unterwegs seid. Zuerst in den Seidenschlafsack, dann den Daunenschlafsack drüber. Erstens kann dieser 2-3 Grad ausmachen und ausserdem schwitzt man in der Nacht. So bleibt der Daunenschlafsack sauber – den Seidenschlafsack kann man einfacher waschen.
  • Bezahlung: Genügend Bargeld mitnehmen. Manchmal kann man aber auch mit Karte oder Twint bezahlen. Diese Option ist jedoch eher selten (kein Netz in abgelegenen Berggebieten). Oft zahlt man am Vorabend, bevor man ins Bett geht – also sicher vor 22.00 Uhr. Manchmal will das Hüttenpersonal aber die Abrechnung am Morgen machen. (SAC Ausweis immer dabei haben).
  • Hunde: Müssen bei der Hütte angefragt werden – spezielle Regeln je nach Hütte.
Neuer favorite Kuchen: Schoggi-Apfel!

SHOW SOME RESPECT:

  • Ankunft: Nach einer strengen Tour verschnauft man erst ein bisschen (z.B. draussen) und kümmert sich danach um die nächsten Schritte. Dann vielleicht kurz das Gesicht abtrocknen, bevor man mich hochrotem und schwitzigem Gesicht Bestellungen aufgibt.
  • Waschen: Man geht sparsam mit Wasser um und macht keine 5-Minuten Fussdusche im Waschraum. Manchmal gibt’s auch Duschen, die kosten im Normalfall extra. Ich nehme immer einen Waschlappen mit um „frisch“ ins Bett zu können.
  • Abendessen: Meistens isst man alles aus einem Teller, daher nach der Suppe nicht die Teller zusammenstellen. Wenn das Abendessen fertig ist, kann man fragen ob man das Geschirr zusammenstellen soll oder nicht und es danach abräumen. Es gibt Hütten, die möchten keine Tellertürme (weil man dann die Unterseite des Tellers auch waschen muss – bei extremer Wasserknappheit).
  • Im Zimmer: 22.00 Uhr ist Bettzeit bzw. Hüttenruhe. Dann werden alle Lichter gelöscht und man sollte dann nicht noch sein ganzes Zeug mit der Taschenlampe rumleuchtend sortieren und Raschel-Krach machen (never forget Silikon-Ohrenstöpsel – in der Nacht immer griffbereit oder schon im Ohr haben!). Im Idealfall legt man seine Kleidung für den nächsten Tag bereit und packt den Rucksack möglichst abmarschbereit.
  • Wecker: Beim ersten Wecker aufstehen, Snoozen ist nicht okay! Aber auch nicht den Wecker Ewigkeiten vor dem Frühstück klingeln lassen und dann „rumchillen“. Normal ist der Wecker so 15 Minuten vor dem Frühstück zu stellen. Anziehen, Bad, zum Frühstück, danach fertig machen und zügis los.
  • Licht: Es gibt manchmal Zimmer, in denen Bergsteiger:innen die z.B. um 05.00 Uhr aufstehen und Wanderer:innen, die um 07.00 Uhr aufstehen, schlafen. Wer also um 05.00 Uhr knallhart das Zimmerlicht einschaltet, verärgert die Wanderer:innen, die gerne weiterschlafen würden. Ausserdem sollte man möglichst ruhig sein, nicht quatschen, Rucksack sollte schon gepackt sein. Wenn man angezogen ist, geht man mit Rucksack aus dem Zimmer und deponiert diesen im Schuhraum (danach ab zum Frühstück). Auch wichtig: Oft sind die Leute im Zimmer ruhig, aber vor dem Zimmer wird laut geplappert (weil man ja nicht mehr im Zimmer ist). Die Wände sind normalerweise dünn. Also nervt das etwa gleich fest wie wenn im Zimmer gequatscht wird. Just don’t do this 😊
  • Schlafplatz: Nach der Hüttennacht, sollte das Ziel jedes Gastes sein, sein Bett so zu hinterlassen, als wäre man gar nie hier gewesen. Heisst, „gebettet“ so wie man den Schlafplatz vorgefunden hat.
  • Weil erst kürzlich passiert hier ein Zusatz für am Morgen: Am Morgen nicht Deo im Zimmer rumsprühen, dass die anderen fast ersticken.
  • Frühstück: Nach dem Frühstück nicht rumhängen und käffelen (ausser bei ganz schlechtem Wetter, wenn man nicht aufbrechen kann). Denn die Hüttencrew will die Gäste meist ausser Haus (Hütte) haben, um dann den Hüttenputz machen zu können, bevor die ersten Trailrunner:innen wieder zum Zmorgakaffi auftauchen.
  • Abfall: Sandwich- und Riegel-Papierli, die leere Pet-Flasche etc. sollte man wieder mitnehmen (ich nehme meist einenen kleinen Plastiksack mit, als wiederverwendbarer Abfallsack) und selber im Tal entsorgen.

Hochtouren-People Special:

  • Mit Steigeisen betritt man NIEEE eine Hütte. Allg. Regeln beachten, wo man sich mit Bergschuhen in der Hütte aufhalten darf und wo nicht. Normalerweise sind Zimmer & der Essensraum in Hüttenfinken zu betreten.
  • Das Klettergstältli zieht man erst nach dem Frühstück im Schuhraum an. Wer es schon zum Zmorga trägt, outet sich als „Lappi“ 😉

Grundsätzlich gilt: Eine Berghütte ist kein Hotel. Der Aufwand eine Berghütte zu betreuen ist riesig. Oft wird das gesamte Essen, der Abfall etc. hoch- und runtergeflogen. Das Hüttenpersonal arbeitet aus Leidenschaft am Berg, reich wird man davon eher nicht (Hütten müssen einen Teil der Einnahmen an die jeweilige Sektion abgeben). Daher kann es auch sein, dass ein Getränk etwas teurer ist als im Tal. Man darf normalerweise auch sein Picknick in der Hütte essen, jedoch wären die Hütten-Betreiber:innen sicher froh, wenn man konsumiert. Es ist ein Privileg, dass wir so viele schöne Berghütten besuchen können. Macht es den Hüttenwarten & Hüttenwartinnen doch so einfach wie möglich, sodass wir dieses Privileg noch gaaanz lange geniessen dürfen.

Happy trails und viel Spass auf den Berghütten!

“Rant Ende”

Juhu schlechtes Wetter, endlich etwas Ruhe und Zeit zum Lesen.

Lieblingshütte ausserhalb der Schweizer Grenzen – Capanna Margherita (Regina Margherita, IT) 4554 m auf der Signalkuppe im Monte Rosa Massiv (höchstes Gebäude Europas)

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