Die Wetterprognose ist sehr schlecht. Ab 09.00 Uhr soll der Regen kommen – viel. Deshalb starten wir von der Glattalphütte (Tipp: wunderschöne einfach erreichbare SAC Hütte) so früh wie möglich und sind um 06.45 Uhr im Aufstieg zum Inner Brüelchälen. Dieser Teil ist als T4 gewertet. Jedoch ist der Abschnitt zum Firner Loch eher entspannt und danach folgt sogar ein normaler T3 Bergwanderweg. Wir sind sehr zügig unterwegs, denn heute wird es so stark regnen, dass auf den Wetterapps Warnungen aufblinken. Nach dem ersten Aufstieg erreichen wir das Plateau Mären auf 2300 Metern über Meer – anscheinend ist dieses Gebiet die grösste zusammenhängende Karstlandschaft der Schweiz. Es ist schon aussergewöhnlich, wenn man einfach über einen flachen Berg wandert, mit vielen Spalten und Löchern im Fels. Beim Firner Loch steigen wird in Richtung Urnerboden ab. Es ist nun sehr neblig und regnet ein bisschen. Der Regen wird immer stärker und ich schaffe es auch tatsächlich noch auf dem Weg auszurutschen und zu stürzen, doch zum Glück bin ich nur etwas dreckig mit kleiner Schürfung. Domenica schafft es ohne Sturz und so erreichen wir nach einer relativ kurzen Wanderzeit um ca. 11.00 Uhr, bis auf die Unterhosen nass, die grösste Alp der Schweiz. Trotz dem Zelt im Rucksack, ist für uns klar, dass wir eine Unterkunft ansteuern. Im Gasthaus Urnerboden essen wir einen Vegi-Wildteller, duschen, machen einen zweistündigen Mittagsschlaf, ich lade den Woche 1 Blogpost hoch und gemeinsam gönnen wir uns am Abend ein Fondue bei diesen frostigen Temperaturen. Es ist einfach das allerbeste Gefühl, wenn man an so einem Tag im Bett liegt und aus dem Fenster zuschauen kann, wie der Himmel sich stundenlang entleert. Im Gasthaus Urnerboden hat es noch ein paar andere Wanderer, die meisten wandern auf der grünen Via Alpina (Schweizer Route). Bevor wir schlafen gehen, schauen wir noch «Wer wird Millionär» und regen uns auf, als der Teilnehmer bei der 32’000 Euro Frage – «Welche Sprache spricht die Mehrheit der Schweizer» – völlig aus dem Konzept kommt. Zur Auswahl steht Deutsch, Romanisch, Französisch oder Italienisch. Natürlich ist es Deutsch, unglaublich wie wenig unsere Nachbarn über uns wissen. 😉 Er braucht dafür sogar 2 Joker auf.
Manifestation strikes again…
Am Morgen erwacht Domenica mit einem kratzigen Hals. Mir geht es gut, nur habe ich keinen Bock auf die 1500 Höhenmeter Aufstieg direkt nach dem Frühstück. Nach dem Frühstück wandern wir den Wald berghoch. Zuerst in Regenpelerine, dann zum Glück bei trockenen, wenn auch eher kühlen und nebligen Bedingungen. Das frustrierende an der Sache ist, dass direkt neben dem Gasthaus eine Seilbahn bis auf über 2000 Meter über Meer führt und wir quasi unter dieser Bahnlinie mühsam die Höhenmeter hochwandern. Doch interessanterweise geht es heute vorwärts, als hätten wir E-Wanderschuhe. Beim Fisetenpass entscheiden wir uns für die T4 Route zur Claridenhütte. Das Wetter scheint gut genug. Notfalls hätten wir hier einen einfacheren Weg wählen können. Doch es ist definitiv die richtige Entscheidung übers Gämsfairenjoch zu wandern. Wir kommen an zwei grossen Löchern im Fels vorbei und am Lang Firn (Reste eines Gletschers). Danach beim Pass (Gämsfairenjoch) kann ich mich vor Begeisterung kaum mehr halten. Die Nebelschwaden lichten sich genau zur besten Zeit und wir haben einen fantastischen Blick auf den Claridengletscher und den Gipfel des Piz Tödi. Es sieht sooooo schön aus. Ich erwähne bestimmt 15 Mal wie grandios es hier ist und nerve Domenica bestimmt schon – hinzu kommt, dass ich sie auch noch zwinge mit mir gemeinsam Selbstauslöser Fotos zu machen – wir müssen ja ein cooles Titelbild für den nächsten Blogpost vorweisen können. Der Abstieg geht mühelos und danach queren wir den äusseren Bereich des Gletschers. Es geht prima vorwärts, denn es hat viele kleine Steine auf dem Gletscher, sodass dieser wunderbarer «Grip» vorweist (auch ohne Steigeisen). Trotzdem denke ich manchmal schon so: «Krass, die Via Glaralpina Leute schicken uns jetzt auch noch über einen Gletscher». Aber es hat dort keine Spalten und ist absolut unproblematisch. Und wer jetzt bis hierhin gelesen hat – falls du eine wirklich grandiose Bergtour zu einer Hütte machen willst – unbedingt diese Route (evtl. halt mit der Bahn hoch zum Fisetenpass) abspeichern. Denn nach dem Gletscher wandert man zur Claridenhütte und die einen wissen es ja – ich bin ein riesen grosser Martinsmadhütte-Fan (eigentlich nur wegen dem Hüttenwartspaar), doch die Clariden… Mon Dieu! Das wird eng. Ich glaube ich habe nun zwei Lieblingshütten (und beide sind im Glarnerland..). Die Hütte ist in einen top Zustand und wurde durchdacht renoviert. Wir hatten vor der Ankunft wie gewohnt manifestiert, was wir uns alles wünschen und dieses Mal wurde sogar der Wunsch nach einem Hüttenbüsi erfüllt. Geht es noch besser? Ja! Wir haben beide die knuspirgsten und feinsten Käsespätzli gegessen. Und dieser Kuchen! Dann gibt es noch diverse Chill-Ecken, Hängematten, Liegen, warmes Wasser im Waschraum und viele Doppelzimmer ohne Preisaufschlag. Dazu kommt die schöne Lage der Hütte: Wir kommen in den Genuss eines richtig kitschigen Sonnenuntergangs. Doch das Wichtigste ist immer, dass die Hütte mit viel Herz geführt wird und das spürt man bei der Hüttenwartin Angi sehr. Da ich unbedingt wieder auf die Claridenhütte will, habe ich für meine Ideenliste 2024 schon mal den Gipfel des Clariden als Ski- oder Hochtour aufgeschrieben. Den Abend verbringen wir mit anderen Hüttengästen. Wir lernen Beat, Edith, Corinne und Karin kennen und «hornöchseln» ein paar Runden. Es ist Domenica‘s und mein Lieblingsspiel – jedoch haben wir es nicht mitgeschleppt. Aber klar, auf dieser super Hütte gibts es das «6 nimmt» Spiel, sowie auch «Brändi Dog». Corinne und Karin aus Bern geben uns noch ein paar Inputs zu den kommenden Routen – sie haben gefühlt schon ganz Graubünden und Glarus abgeklappert und helfen uns mit ihren Erfahrungen. Denn wir sind leicht gestresst, gegen Ende der Woche ist einen ziemlicher Temperatursturz, sehr viel Regen und auch Schnee angesagt. Da die Via Glaralpina zu ca. 50% aus T4 Abschnitten besteht, kann es mit Schnee auf dem Weg recht heikel werden.
Trotz dem tollen Zimmer haben Domenica und ich katastrophal geschlafen. Das liegt aber an uns und nicht an der Hütte. Um 08.00 Uhr wandern wir zur Fridolinshütte und haben während der Etappe konstant einen tollen Ausblick auf den Tödi. Ich war zwar schon auf dem Gipfel, sah aber wegen Nebel gerade knapp das Gipfelkreuz. Schade. Unterwegs baden wir in einem wirklich eiiiiiiiskalten mini Gletschersee und steigen auf bis zur Fridolinshütte. Es weht ein ziemlich launischer Wind und wir essen in der Hütte eine warme Suppe und Gnocchi mit Zigerkäse. Die Hüttenwartin hört, dass wir besprechen ob wir bei Schneefall die Route unterbrechen müssen. Lachend kommt sie zu uns und sagt: «Also am Fritig isch steigrüsig! Aber iär sind Weicheier wenn iär abbrechid, ich han grad für am Fritig nüi Buächigä kriägt». (Hab versucht den Glarnerdialekt zu imitieren). Ob die eigentlich auch den Wetterbericht geprüft haben, wird in der Hüttenstube diskutiert. Jedenfalls ziehen wir weiter in Richtung Tierfed und steigen auf bis zur Bergstation Chalchtrittli. Um 18.00 Uhr erreichen wir einen windgeschützten Ort etwas unterhalb 2000 Meter über Meer neben der Bahnstation. Dort schlagen wir unsere Zelte auf. Es gibt keinen weichen Untergrund, der Boden ist übersäht mit kleinen und spitzen Steinen. Wir versuchen diese zu beseitigen was natürlich nur bedingt möglich ist. Die zweite Herausforderung ist es, die Heringe zu befestigen. Im Boden hält nichts, also helfen wir mit Steinbrocken nach. Als ich dann endlich im Zelt liege, denke ich mir nur, was für einen Teufel mich mal wieder geritten hat, als ich mich entschieden habe meinen ultraleichten Schlafsack mitzunehmen. Das wird kalt werden, so viel ist klar. Heute ist das Wetter aber noch okay, jedoch stürmisch. Sobald der Föhn zusammenbricht wird der Niederschlag mit Wintereinbruch die Folge sein. Deshalb sind wir heute auch 2.5 Etappen an einem Tag gewandert – wir müssen Kilometer vorholen. Domenica sagt im Zelt noch: «Jetzt hemmer nur no ein Zistig!» 🙁 Beide sind wir jetzt schon etwas traurig. Der Einstieg war wie immer ein Kampf, aber jetzt sind wir auf der Tour beide sehr glücklich. Nur das Wetter bereitet uns Sorgen.
Gefühlt nicht geschlafen – Body Battery bei 100?!
Ich kann es selbst kaum glauben, aber ich habe dank meiner «Wärme speichern Technik» nicht gefroren. Ich hatte Kappe (Wärme verliert man über den Kopf), Neckwarmer, alle meine Merino Sachen und die Daunenjacke um die Hüfte getragen. Dazu der Seidenschlafsack und darüber mein Quilt. Doch wirklich bei jeder Bewegung auf der Matte habe ich panische Angst auf einmal das Geräusch von Luft zu hören. Denn unsere Matten sind so dünn (und auch fast ohne Isolation bzw. sehr tiefem R-Wert), dass wir mit diesem Zeltplatz wirklich unserer Glück herausgeforden. Doch beide Matten sind am frühen Morgen noch mit Luft gefüllt, juhu! Geschlafen haben jedoch beide schlechter als schlecht. Umso witziger, das meine Uhr mir einen Sleep Score von 98 «ausgezeichnet» und eine Body Battery von 100 angibt. Alle anderen Nächte in Hütten oder Berggasthäusern hatte ich Scores von um die 50-60. Domenica hat von den Stollenarbeitern geträumt. Die Stollenarbeiter kommen in der Nacht zu unserem Platz und «schupfen» uns samt Zelt den Abhang hinunter. 😀 Wir packen zusammen und wandern zum Muttenwändli. Manche Böhenspitzen haben es in sich und werfen uns aus dem Tritt. Auch ein Bändel meines Rucksacks peitscht mir mehrmals ziemlich aggro ins Gesicht. Doch wir wandern stoisch weiter und überholen ein paar Männer. Irgendwie liebe ich genau diese Verhältnisse. Der starke Wind, die Kälte – jetzt müssen wir beweisen, dass wir uns der Natur anpassen können und nicht aus Zucker sind. Domenica und ich erreichen relativ entspannt die Muttseehütte. Ziemlich durchgeschwitzt und ausgekühlt – deshalb gibt es eine heisse Schoggi und Kuchen. Nach über einer Stunde aufwärmen machen wir uns bereit auf die zweite Etappe, die wir an diesem Tag noch machen möchten. Während ich meine Sachen zusammenpacke ist Domenica kurz draussen bei den Rucksäcken und kommt wieder zurück. Sie erzählt mir, dass zwei ältere Männer (ca. 65 Jahre) sie fragten, ob ich «die» Christina Ragettli sei – sie hätten sich nicht getraut zu fragen. Ein Mann sagte: «Siehst du, meine Menschenkenntnis hat mich nicht getäuscht, das war sie tatsächlich». Beide haben anscheinend mein Buch gelesen und ich freue mich darüber, wie unterschiedlich meine Zielgruppe ist. Denn eine Minute später kommt Susanne aus dem Appenzell vom Hüttenteam zu uns an den Tisch und sagt, sie lese gerade jetzt mein Buch. Domenica erzählt, dass die beiden Männer von vorhin es auch gelesen haben. Schlussendlich signiere ich Susanne’s Buch auf der Muttseehütte auf 2500 Metern, während einer Weitwanderung – authentischer werde ich wohl nie mehr ein Buch signieren können. Domenica und ich wandern weiter via Muttsee bis zur Kistenpasshütte. Diese ist leider schon geschlossen. Aber die Lage ist ziemlich spektakulär. Ein weiterer Ort, den ich erneut besuchen möchte. Denn den Grat oberhalb der Kistenpasshütte lassen wir bei Wind um 60kmh aus und wandern mit Blick auf den Limmeren Stausee direkt weiter zur Bifertenhütte. Unterwegs sagt Domenica: «Also entweder wurde mir jetzt meine Schnudernase von einer Windböhe ins Gesicht gewindet oder es hat angefangen zu tröpfeln!». Ich lache mal wieder Tränen ab dieser Aussage. Zum Glück spüre auch ich Regentröpfli (oder eben meine Schnudernase). Die renovierte Bifertenhütte erreichen wir zügig.
Mehrfache und sehr mühsame Planänderungen: Wie weiter?
Die Hütte kenne ich schon, denn sie liegt in Graubünden neben dem bekannten Kistenstöckli. Eine einfachere aber coole Bergtour. Wir haben hier eine Nacht gebucht. Als wir uns mit Waschlappen etwas frisch gemacht haben, etwas gegessen haben planen wir den morgigen Tag. Denn morgen, am Freitag, wird es wieder regnen wie verrückt. Und ab über 2000 Metern wird es anfangen zu schneien. Sollen wir für zwei Nächte hierbleiben? Dann zum Panixerpass und direkt weiter zur Martinsmad? Doch die Route vom Panixerpass zur Martinsmadhütte ist die Etappe die auf über 3000 Meter auf dem Grat zum Vorab Gletscher führt. Die Etappe, auf welche ich mich mit Abstand am meisten gefreut habe. Doch die Wetterapps melden einen halben Meter Schnee. Der Grat ist grundsätzlich nicht problematisch, den bin ich schon mit Skischuhen gegangen. Doch im ersten Teil hat es 2-3 heikle Stellen, die ich nicht kenne. Mit so viel Schnee ist das sowieso sehr kritisch. Dann ist da auch noch der Abstieg vom Vorab über die Felswand zur Martinsmad – auch nicht ohne. Wir überlegen hin und her. Müssen wir abbrechen, pausieren, auslassen? Am liebsten würden wir einfach am Samstag weitergehen und hoffen, dass es nicht zu viel Schnee gibt. Denn anders als damals bei der Via Alpina möchte ich bei der Glaralpina möglichst auf der Originalroute wandern, um die alpinen Abschnitte zu verpassen. Bei der Via Alpina waren es teilweise in der Not auch Talstrecken, um ein Hindernis umgehen zu können. Da war der Zielort mein Fokus. Hier ist es ganz klar die Route. Schlussendlich haben wir auf der Bifertenhütte eine neue Idee: Wieso nicht einfach nach Ziegelbrücke und in die andere Richtung gehen. Denn das Wetter wird ab Sonntag wieder schön und evtl. schmilzt bis dann ein bisschen Schnee weg. Auf einmal bricht Hektik auf. Kurzentschlossen packen wir alles zusammen und brechen nach 16.00 Uhr auf um ins Tal nach Brigels zu wandern. Denn lieber heute noch trocken, als Morgen im Vollschiff. Die Hüttenübernachtung inkl. Abendessen und Zmorga bezahlen wir und zotteln los. Bei der Alp Quader nach 1.5h holt uns das Alptaxi. Mit dem geht es zum Bahnhof Brigels / Tavanasa und von dort mit der RHB nach Ilanz. Am Bahnhof holt uns mein jüngerer Bruder Andri ab. Er kommt direkt vom Training und Österreich und hat schon ein paar Fahrstunden hinter sich. Trotzdem zögert er nicht uns zu helfen. Danke – zum Glück habe ich eine unterstützende Familie.
Wir kommen wieder in meiner Wohnung in Flims an. Das hatten wir ursprünglich nicht geplant, aber ehrlich gesagt sind wir ziemlich froh, wieder duschen zu können. Auch die Kleidung verträgt eine erneute Wäsche. Danach machen wir uns eine riesige Portion Nachos mit Käse überbacken, schauen Selling Sunset, unsere eigentlich ziemlich idiotische Weitwanderserie (hat nichts mit wandern zu tun) weiter. Wir müssen die Sendung immer wieder pausieren, um über Instagram herauszufinden, ob die Personen der Serie noch mit den gleichen Personen zusammen sind. Gleichzeitig bearbeite ich meine Oberschenkel mit einer Massage-Pistole.
Als ich am Freitagmorgen aufstehe, checke ich als erstes das Wetter. Es regnet stark. Super, es war die richtige Entscheidung den Rückzug anzutreten. Wir machen uns einen gemütlichen Tag. Denn wir haben bereits mehr Etappen gemeistert als geplant und so können wir uns einen erneuten Pausentag leisten. Bei der Planung geht jedoch nichts wirklich auf. Geschlossene Hütten, zu hohe Etappen oder zu schwierige. Der Wintereinbruch ist unser Feind und wir müssen nun die beste Lösung finden. Schlussendlich entscheiden wir uns am Samstag erneut via Ziegelbrücke nach Elm zu reisen, zur Martinsmad aufzusteigen und dann die letzten Etappen wie ursprünglich geplant bis am Mittwochabend fertig zu laufen. So fehlen uns am Schluss nur noch zwei Etappen – von der Bifertenhütte zur Martinsmad via Vorab Gletscher (13 & 14) – die wir an einem Tag machen wollten. Evtl. klappt es doch noch, wenn der Schnee etwas schmilzt und wir können diese am Donnerstag und Freitag beenden. Länger Zeit haben wir nicht, denn ich habe am Freitag, Samstag und Sonntag jeweils Lesungen. Es bleibt spannend.
Am Samstag steigen wir in den Bus und später in den Zug nach Ziegelbrücke. Beide haben wir langsam die Schnauze voll von Ziegelbrücke (4tes Mal dort in zwei Wochen). Heute geht die Reise bis Elm. Wir wandern zur Talstation der Tschinglenbahn und nehmen das Bähnli bis zur Tschinglenalp. Das Bähnli nehmen wir nur, weil wir diese Strecke morgen ins Tal wandern. Die Regeln die Via Glaralpina zu 100% zu Fuss zu gehen gilt noch immer. Ab der Tschinglenalp geht es hinauf zur Martinsmadhütte. Ein Grossteil der Landschaft ist weiss und die Bäche führen viel Wasser. Wir passieren eine Schafherde und kommen nach 1.5h auf der Martinsmadhütte an, welche eingeschneit ist (ca. 20cm Schnee) auf einer Höhe von 2000 Metern. Wunderschön! Beim Schuhe ausziehen riechen wir bereits das Feuer im Ofen. Eine meiner Lieblingskombinationen ist der Duft von Schnee und von Feuer. Leider ist es jedoch mehr Schnee als erwartet, für unsere Wanderpläne ist das natürlich nicht sehr gut. In der Hütte werden wir von Geri und Theres herzlichst begrüsst. Es macht mich wirklich traurig, dass sie ihre letzte Saison – nach 8 Jahren – auf der Martinsmad am kommenden Wochenende beenden. Domenica und ich werden verwöhnt. Wir essen Theres‘ feine Zigerhörnli und einen Kuchen, ehe es am Abend eine Gemüselasagne und einen Cheesecake gibt. Als alle Hüttengäste ihre Kuchenstücke vor sich haben, bemerke ich, dass Theres mir mit einem Augenzwinkern ein mindest doppelt so grosses Stück serviert hat. Beim Znacht und davor beobachten wir etwa 30 Gämsen, die im Schnee scharen, um Gras fressen zu können. Danach gibt es noch eine Runde Brändi Dog, die Theres und ich sehr knapp gewinnen. Für den Sieg gibt es noch ein Stück Cheesecake, dass wir alle gemeinsam teilen. Was für ein schöner letzter Abend in der Martinsmad. Ich bin froh, konnte ich meine Lieblingshütte Domenica noch zeigen. Wir schlafen im Zimmer „Ofen“ mit Blick in Richtung Flims und sind gespannt, wie die Aussicht morgen aussieht.
Um 07.00 Uhr gibt es Frühstück. Der Schnee ist geblieben, draussen ist es eisig kalt und wir haben freie Sicht auf die für heute geplante Tour – den Fahnenstock. Sie gesamte Flanke ist weiss. Nicht überzuckert, sondern komplett weiss. Der Aufstieg sollte gehen, doch der Abstieg ist steil und etwas heikel – sagt Geri uns. Als wir uns von Theres und Geri verabschieden und den Weg ins Tal nach Elm wandern (auf etwas eisigem und rutschigem Weg), entscheiden wir uns gegen die Tour. Heute ist es sonnig und warm. Das heisst es sieht gut aus für die folgenden Etappen. Doch für den heutigen Tag ist uns ein unbekanntes T4 zu heikel. Ausserdem gibt es keine Möglichkeit, die Passagen bei ungünstigen Bedingungen zu umgehen. Wir machen eine Taletappe – ausnahmsweise – jedoch wollen wir den Gulder- und Gipsgrat morgen versuchen. Erstens weil es Umgehungswege gibt, falls es zu heikel ist und zweitens, weil wir nicht eine Tal – Via Glaralpina daraus machen wollen. Vorher würden wir abbrechen und die Tour im nächsten Sommer beenden. Die Abschnitte sind zu schön (glauben wir), als dass wir sie durch Taletappen komplettieren möchten. Auf dem Abstieg mit Sicht aufs Martinsloch, fällt uns auf, dass uns extrem viele Männer entgegenwandern. Der Aufstieg zur Tschinglenalp scheint eine sehr beliebte Strecke für solo-wandernde Männer zu sein. In Elm trödeln wir etwas rum und gehen dann spontan im Hotel Elmer Mittagessen. Es gibt feine Vegi Capuns und Vermicelles. Eigentlich haben wir uns dieses Festmahl mit so wenig Anstrengung noch nicht verdient. Denn bis zum Ziel, Weissenberge, sind es nur noch 2.5 Stunden, weil wir den Fahnenstock auslassen. Schlussendlich sind es dann doch noch knapp 30’000 Schritte. Heute schlafen wir in einem Gasthaus, morgen geht es auf die letzten Etappen in Richtung Ziegelbrücke. Hoffentlich klappt es trotz Schnee – drückt uns die Daumen 🙂
1 Comment
Bettina
14. November 2023 at 13:47Hallo Christina
Ich lese gerade „Von Wegen“ und bin so auf wildmountainheart.ch gestossen. Ich bin am 27. September 23 (also einen Tag nach euch) von Matt auf den Fanenstock gewandert. Der blau-weisse Weg hinauf (für mich, für euch wäre er ja der Abstieg gewesen!) war sogar im Aufstieg grenzwertig! Ich überlegte mir zwischenzeitlich noch umzukehren, aber die einzige wirkliche Option war Flucht nach vorne bzw. nach oben! Eure Entscheidung, die Route abzuändern war also goldrichtig! 👍🏻
Mach weiter so – lebe deine Bergträume!
Herzlich Bettina